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Warum ist digital-inklusive Bildung wichtig?

Argumente für den Einsatz in der Praxis

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In einer globalen, digitalen Informationsgesellschaft wird der Zugang zu Medien und der Umgang damit immer wichtiger. Das gilt insbesondere auch für junge Menschen mit unterschiedlichen Voraussetzungen und Beeinträchtigungen. Gerade in der Kombination von Digitalität und Inklusion liegt ein großes Potenzial für eine zukunftsorientierte, chancengerechte Bildung, die ohne Ausnahme alle Kinder und Jugendliche mitdenkt. Digital-inklusive Bildung muss von Bildungspolitik, Bildungseinrichtungen und ihren Akteur*innen noch viel stärker und mutiger ermöglicht und vorangetrieben werden. 
Immer mehr Bereiche des gesellschaftlichen Lebens, ob politisch, ökonomisch, sozial oder kulturell, verschieben sich ins Digitale. Dies gilt in besonderem Maße auch für die Lebensrealität junger Menschen: Sie sind Digital Natives, die mit digitalen Medien selbstverständlich aufwachsen, technisch versiert damit umgehen und im Netz vielschichtig sozialisiert sind. Ein Alltag ohne Smartphone oder Notebook? Für die allermeisten heute undenkbar.

Doch bisher nehmen längst nicht alle jungen Menschen an den digitalen Lebens- und Alltagswelten teil. Dies betrifft vor allem Menschen mit Beeinträchtigungen, mit sozio-ökonomischer Benachteiligung und mit ungenügenden Sprachkenntnissen. Wenn Inklusion hierbei nicht von vornherein mitgedacht wird, werden gerade diese Menschen weiterhin und zukünftig sogar noch stärker ausgeschlossen. 

Im Bildungsbereich haben die Erfahrungen aus der Corona-Zeit 2020/21 diese problematische Entwicklung sehr deutlich gemacht: Im Rahmen von Homeschooling waren insbesondere viele Kinder und Jugendliche mit diesen Voraussetzungen von digitalen Schul- und Bildungsprozessen ausgeschlossen oder konnten nur bedingt teilhaben. Wer kein digitales Endgerät zum Lernen hat oder wem der Zugang zu digitalen Inhalten und deren Informationsgehalt aufgrund von Barrieren erschwert wird blieb und bleibt häufig auf der Strecke. 

 

Inklusion und Digitalität müssen noch stärker zusammengedacht werden 

Vor diesem Erfahrungshintergrund ist es wichtig, dass sich schulische und auch außerschulische Lernorte noch viel konsequenter den digitalen Herausforderungen stellen. Sie sollten die Chancen des Digitalisierungsschubs für die zukunftsorientierte Umsetzung von Inklusion nutzen. Inklusion muss in der digitalen Transformation der Bildungslandschaft von Anfang an mitgedacht werden. Erst dann kann Digitalisierung dazu beitragen, allen jungen Menschen zu einer chancengerechten Bildung zu verhelfen. 
Lea Schulz, Sonderpädagogin, Studienleiterin und Expertin in Sachen Inklusion und digitale Medien in der schulischen Bildung, zum Mehrwert von digitaler inklusiver Bildung.
Ein Junge sitzt an einem Tisch vor einem iPad und hält eine Spielkarte in der Hand.

Ich arbeite gerne am IPad: Da hat man kein nerviges Papier, an dem man sich schneiden kann und keinen Füller, wo die Tinte auslaufen kann. Am meisten Spaß macht mir der Minecraft- Unterricht.

Arie

Eine junge Frau zeigt etwas auf einem Smartboard. Ein Kind im  Rollstuhl schaut zu ihr hin.

Also digital macht mir mehr Spaß - da erkennt man auch direkte Fehler und man kann das korrigieren. Das finde ich ein bisschen besser als auf dem Zettel, dann muss man auch nicht so viel schreiben. Auch für Louis ist das leichter, er kann nicht so richtig gut schreiben, er macht dann viel mit seinem Controller, weil er das so besser kann.

Carla (und Louis)
Ein Junge sitzt vor einem Computer. Er ist von der Seite fotografiert und lächelt in die Kamera.

Ich kann nicht so gut schreiben, deswegen arbeite ich in der Schule lieber am Computer. Da ist es für mich einfacher und ich kann Aufgaben schneller lösen!

Louis

Die sechs wichtigsten Argumente für digitale inklusive Bildung

Das Recht auf digitale Teilhabe

Mit Inkrafttreten der Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) 2009 hat in Deutschland jeder Mensch das Recht auf gesellschaftliche Teilhabe und Zugehörigkeit. Gesellschaftliche Teilhabe bedeutet heute auch digitale Teilhabe. Der technische Zugang zu digitalen Medien, deren Handhabe sowie eine umfassende Medienkompetenzvermittlung sind dafür wichtige Bestandteile, die in schulischer wie auch außerschulischer Bildungsarbeit ermöglicht und vermittelt werden müssen. Kein junger Mensch, egal welche unterschiedliche Voraussetzung oder Beeinträchtigung er hat, darf davon ausgeschlossen sein.

Gleichberechtigte Zugänge zum selbstbestimmen Lernen

Digitale Medien können einen wichtigen Beitrag leisten, um Bildung chancengerechter und inklusiver zu gestalten. Dies betrifft vor allem assistive Technologien, zu denen auch Smartphone und Tablet gehören sowie bestimmte Software und Apps. Sie bieten Unterstützungsmöglichkeiten, um verschiedenste Beeinträchtigungen von Kindern und Jugendlichen auszugleichen. So können sie gleichberechtigt und selbstbestimmt an Lern- und Bildungsprozessen teilnehmen. Wenn alle Kinder und Jugendlichen am gleichen Lerngegenstand lernen oder dieselben Endgeräte (auf unterschiedliche Weise) nutzen, ist dies die beste Voraussetzung, um Stigmatisierungen und Ausgrenzung innerhalb von Lerngruppen vorzubeugen.

Neue Lernkultur in kollaborativen Lernumfeldern

Erfolgreiche digital-inklusive Bildung basiert auf einer guten inklusiven Methodik und Didaktik. Der Einsatz von digitalen Medien verändert Lernsettings und Unterricht und führt bei konsequenter Umsetzung zu einer neuen Lernkultur, von der Kinder und Jugendliche ebenso profitieren wie Pädagog*innen. Wenn sich Teile der Wissensaneignung auf digitale Formate und Methoden verlagern, können Pädagog*innen deutlich stärker in die Rolle einer*s Lernbegleiter*in schlüpfen und auf die heterogenen Bedarfe einer Gruppe eingehen. Digitale Medien ermöglichen das Arbeiten am selben Lerngegenstand für alle Lernenden. Sie eröffnen neue kooperative und kollaborative Lernräume, die neue Lerngemeinschaften schaffen und die Eigenmotivation fördern. Dies gilt auch für interaktive und kreative Formen der Wissensvermittlung, über die der persönliche Selbstausdruck gestärkt und ein höheres Maß an Eigenständigkeit im Umgang mit digitalen Medien unterstützt wird.

Digitale Bildung als Schlüsselkompetenz

Digitale Medien spielen in der Entwicklung, Kommunikation und Kultur von Kindern und Jugendlichen eine wichtige Rolle. Der reflektierte und kreative Umgang damit ist eine (neue) Kulturtechnik, die erlernt werden muss. Sie ist zu einer wichtigen Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe und Beschäftigungsfähigkeit geworden. Bildungseinrichtungen (insbesondere Schule), die den Auftrag haben, junge Menschen auf ein Leben und Arbeiten in einer zukünftigen (digitalen) Gesellschaft vorzubereiten, kommt hierbei eine wichtige Rolle zu. Sie müssen sicherstellen, dass die Vermittlung dieser digitalen Schlüsselkompetenzen für alle Kinder und Jugendlichen erfolgt. Dies muss als fester Bestandteil in Lern- und Bildungswelten integriert werden.

Zusammenführung digitaler und inklusiver Potenziale

Bildungseinrichtungen in ganz Deutschland stehen vor der Herausforderung des digitalen Wandels, der durch die Corona-Pandemie noch stärkere Relevanz bekommen hat. Wie selten zuvor wurden die Ungleichheiten bei der digitalen Ausstattung von Schulen und Jugendeinrichtungen sichtbar und auch die damit verbundene unterschiedliche Qualität von digitalen Unterrichts- und Lernangeboten. Dabei bilden Digitalität und Inklusion maßgebliche Synergien, deren Mehrwert für eine gute inklusive Lernkultur nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Wenn bei der Anschaffung und Implementierung von digitalen Medien an Bildungsorten die Anforderungen einer inklusiven, barrierefreien Lernkultur direkt mitgedacht werden, lässt sich viel Geld sparen. Gleichzeitig ermöglicht man damit gleichberechtigte Bildungschancen für alle Kinder und Jugendlichen. 

Digitale Unterstützungssysteme für Bildungsverantwortliche

Digitale Medien bieten dem Lehr- und Leitungspersonal an Bildungseinrichtungen wertvolle Unterstützung. Digitale Infrastruktur und Anwendungen können den inklusiven Bildungsalltag für sie einfacher, partizipativer und effizienter machen. Dazu zählen anpassbare Datenbanklösungen für die Schulverwaltung, intuitiv bedienbare Lernplattformen für individuelle oder partizipative Projekt- und Unterrichtsarbeit mit heterogenen Gruppen, der Austausch von Lernmaterialien sowie die interne Dokumentation und die Kommunikation von Lehrkräften und multiprofessionellen Teams. Außerdem lassen sich über Software und Apps Unterrichtsmaterialien deutlich einfacherer auf die Lernbedarfe Einzelner anpassen. Darüber hinaus bieten Social-Media-Portale, Bildungswebseiten und diverse Foren bundesweit vielfältige Möglichkeiten, sich themenbezogen mit Expert*innen und Gleichgesinnten austauschen und zu vernetzen.

Weiterführende Informationen

  • Der D21-Digital-Index liefert jährlich ein umfassendes Lagebild zum Digitalisierungsgrad der Gesellschaft in Deutschland. Befragt werden über 16.000 Bundesbürger*innen ab 14 Jahren. 
  • Die Studie „Digital Skills Gap “ (Sonderstudie des D21-Digital-Index 2020/2021) von der Initiative D21 gibt Einblicke in aktuelle Entwicklungen von Medien und deren Nutzungsverhalten in der deutschen Bevölkerung. 
  • Die vom SINUS-Institut im Auftrag der Aktion Mensch erstellte Trendstudie „Digitale Teilhabe von Menschen mit Behinderung“ befasst sich mit den Herausforderungen der Digitalisierung für die gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderung.

  • Die Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) ist seit März 2009 geltendes Recht in Deutschland und konkretisiert die bereits anerkannten allgemeinen Menschenrechte aus anderen Menschenrechtsübereinkommen in Bezug auf die Situation von Menschen mit Behinderung.
    https://www.aktion-mensch.de/dafuer-stehen-wir/was-ist-inklusion/un-konvention
  • Die EU-Richtlinie 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates regelt die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen, der sogenannte „European Accessibility Act ". Die Richtlinie ist seit Juni 2019 in Kraft.

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Silke Müller ist Schulleiterin an der Waldschule Hatten. Für sie ist klar: Inklusion und Digitalisierung müssen zusammengedacht werden und die Frage nach dem Mehrwert digitaler Medien hat ausgedient. 
Anmerkung: Die Namen der Schüler*innen sind von der Redaktion geändert.